Das große Sommerinterview – Teil 2
“Wir sind Schnittstelle für alles. Ohne uns läuft gar nichts.”
Im zweiten Teil unseres großen Sommerinterviews sprachen wir mit Oliver Scanlan über die Situation im Homeoffice, Corona und warum Steuerberater:innen systemrelevant sind.
Im Sommer ist in vielen Branchen ein bisschen das Sommerloch. Wie es bei euch in der Kanzlei?
Wir haben jetzt drei Leute eingestellt. Nix Sommerloch. Während ganz viele Kanzleien ausstellen, stellen wir ein. Wir haben so viel Arbeit, dass wir es fast nicht bewältigen können.
Da spielt bestimmt Corona auch eine Rolle.
Ja, es spielt Corona eine Rolle. Wir sind durch unsere Informationspolitik und unsere Arbeitsweise während der Epidemie auf der Bildfläche von Mandanten aufgetaucht. Plötzlich hatten alle die Idee uns mit Aufträgen zu überschütten.
Veränderte Informationspolitik?
Am Tag des Lockdowns – einem Montag – haben wir in der Kanzlei entschieden: Jetzt ist Homeoffice. Dann habe ich die offiziellen Kanäle der Regierung usw. abgescannt und ich habe das Team gebrieft, was ansteht und was gemacht werden muss.
Die Mitarbeiter mussten alles zur Seite zu legen, was zu diesem Zeitpunkt aktuell war – Buchhaltung, Löhne, Jahresabschlüsse. Das Wichtigste war: die Liquidität der Mandanten zu sichern. Alles andere musste in den Hintergrund treten. Die Mandanten mussten letztendlich mental dahin geführt werden, dass sie sich um ihre Aufgaben kümmern und nicht in Corona-Panik verfallen. Wir waren zwei Wochen lang eher ein Callcenter als alles andere.
An jenem Montag haben wir die erste Informationsmailrunde erstellt und die Mandanten über die Maßnahmen der Regierung informiert. Eine Mitarbeiterin hat das Kurzarbeitergeld beobachtet und eine andere hat die schriftlichen Informationen auf der Bundesregierungsseite gefiltert. So wussten wir schon am Montag, dass z.B. Herabsetzungsanträge gemacht werden konnten, und wie das geht. Wir haben die ersten Herabsetzungsanträge am Montag gestellt, Dienstag kam der Bescheid, Mittwoch das erste Geld.
So haben wir jeden Tag unsere Mandanten informiert. Nach unserer sechsten Mail hat dann auch die Steuerberaterkammer eine Mail rausgeschickt und die DATEV war dann auch so weit. Jedenfalls: Dadurch haben wir letztendlich unsere Mandanten stabilisiert. Deswegen haben wir keine Mandanten in Schwierigkeiten. Im Gegenteil.
Das Wichtigste war, die Liquidität der Mandanten zu sichern.
Jetzt wo die Coronakrise fast Normalität ist: Wie gehen eure Mandanten damit um?
Die konnten sich während des Lockdowns dann um neue Geschäftsmodelle, Renovierungen oder andere Maßnahmen kümmern. Alles Dinge, die auch wichtig sind, für die man sonst aber nie Zeit hat. Die kamen alle mit super Ideen, weil sie mal genug Zeit hatten sich Gedanken zu machen.
Es kamen auch neue Mandate und viele Projekte dazu. Wir mussten zum Teil ablehnen, weil wir nicht genügend Kapazitäten hatten.
Ich glaube, viele unterschätzen wie vielfältig der Tätigkeitsbereich des Steuerberaters ist.
Wir sind Schnittstelle für alles. Ohne uns läuft gar nichts. Da läuft kein Unternehmen, weil das keinen Lohn auszahlen kann, da gibt es keine Krankenkassenkommunikation, kein Finanzamt, da gibt’s keine Deklaration, keine Strategieberatung, keine Unternehmenskennzahlen, keine Bankenkommunikation – denn das läuft alles über uns. Ohne uns geht nichts.
Wir hätten eigentlich als allererstes neben den Krankenpflegern und Ärzten als systemrelevant eingestuft werden müssen neben den Supermärkten. Es kam dann viel später. Aber die ersten zwei Monate war es eine Herausforderung. Erst dann hat die Politik verstanden. Wer beantragt das Kurzarbeitergeld? Der Steuerberater. Wer macht die Stundung? Der Steuerberater. Wer zahlt die Löhne oder bereitet die Löhne vor? Der Steuerberater. Wer kommuniziert mit den Banken für die Darlehen? Der Steuerberater.
Da muss man ein bisschen mehr PR für die Steuerberatung machen.
Naja, unser Bild ist halt nicht so „en vogue“ in der Gesellschaft und zeigt nicht das, was wir letztendlich sind.
Wir hätten eigentlich als allererstes neben den Krankenpflegern und Ärzten als systemrelevant eingestuft werden müssen.
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