Das Interview zur Digitalisierung – Teil 2
“Die ganz kleinen Kanzleien werden mit der Zeit der „Uber-isierung“ der Steuerberatung zum Opfer fallen.”
In Teil 2 unseres Gesprächs über Digitalisierung in der Steuerberatung geht es um die Uber-isierung der Steuerberatung, was es braucht, um bei der Scanlan Steuerkanzlei durchzustarten und welche Apps er am häufigsten nutzt. Zum Teil 1 geht es hier.
Das heißt also, dass Steuerberatungen oder Kanzleien, die hauptsächlich Brot-und-Butter-Aufgaben wie Steuererklärungen und Buchhaltung machen, mit der Zeit verschwinden werden?
Zumindest werden sie existentielle Probleme haben.
Wahrscheinlich wird es Plattformlösungen geben, die eine Steuererklärung einfach vorfertigen, was für die meisten Menschen reichen wird.
Die DATEV baut selbst eine solche Plattform: Man kann als Steuerbürger seine Daten hinterlegen. Dann wird für 20 € die Steuererklärung automatisiert erstellt. Erst wenn schwierigere Fragen dazukommen, geht das zu einem menschlichen Kollegen. Das macht die DATEV nicht um ein Zusatzgeschäft haben, sondern aus existentieller Not, weil natürlich andere Plattformanbieter auf diesen Markt drängen. Genau wie diese Einkommenssteuererklärung ein Nicht-Geschäft werden, wird die Buchführung auch eins sein. Es kommt der Buchungsautomat. Das heißt: Jeder Buchhalter steht bald vor der Herausforderung, dass er keine Arbeit mehr hat. Wenn heute 20 Mitarbeiter Buchungen überwachen, machen das in Zukunft vielleicht einer oder zwei. Der Rest wird nicht mehr gebraucht.
Zum Beispiel Lohnabrechnungen. Vor 30 Jahren wurden Lohnabrechnungen von Hand geschrieben und ein Mitarbeiter schaffte vielleicht 40 oder 50 im Monat. Heute erstellt bei uns eine Mitarbeiterin 1500 Lohnabrechnungen im Monat. Und so eine ähnliche Geschwindigkeit entsteht natürlich in anderen Bereichen auch. Das wird der Change sein, den wir alle gehen müssen.
Die Kanzleien, die sich nicht umstellen, und die Mitarbeiter in der Buchhaltung, die freigesetzt werden, werden am Markt nichts mehr wert sein. Wer also an Berufssicherung denkt, muss auch an Fortschritt denken und gezielt in Kanzleien tätig sein, die vorne mitspielen, weil nur die eine Überlebenschance haben.
Gibt es Skills, die auch in Zukunft Bestand haben werden?
Der Buchhalter wird gebraucht werden, wenn er die richtigen Fähigkeiten hat. Er wird beim Mandanten weniger die Prozesse einrichten, sondern ihn unterstützen, wie die Buchhaltungssysteme funktionieren. Auch in der Beratung wird er tätig sein, wie z.B. Kostenstellen eingerichtet werden müssen.
Er wird nicht mehr einfacher Buchhalter sein, sondern eher so etwas wie ein Buch-Consultant. Es wird jeder Mitarbeiter ein kleiner Berater in seinem Bereich sein. Wir als Steuerberater können ja gar nicht alles leisten. wir können ja nicht für den Lohn beraten, die Buchführung beraten, die Strategie beraten, die Umstrukturierung beraten, sondern es wird eine Spezialisierung geben, es wird alles aufgeteilt sein in verschiedenen Ebenen, die letztendlich jeder Mitarbeiter für sich bearbeiten muss. Wer jetzt selbstständig Buchführung macht, macht dann selbstständig Beratung beim Unternehmer.
Okay, dann geht es eher in Richtung Prozess- und Projektmanagement, den Überblick behalten, Workflows sehen, entwickeln und anpassen. Also im Prinzip das, was heutzutage IT-Consultants machen für Warenwirtschaftssysteme, nur mit dem Schwerpunkt Steuer oder Buchhaltung…
…und Unternehmensberatung. Es werden alles in sich verschmelzende Berufsgruppen sein. Nur hat der Steuerberater den Vorteil, dass er das alles eigentlich schon vereint, er zeigt es nur keinem. Deswegen gibt es die anderen.
Da wurde viel im Marketing versäumt.
Wir haben alle Informationen, die die anderen nur verwenden, wir können sie querprüfen, wir haben letztendlich den Datenschatz, den die anderen nicht haben aber aufwendig ermitteln müssen.
Vor 30 Jahren wurden Lohnabrechnungen von Hand geschrieben und ein Mitarbeiter schaffte vielleicht 40 oder 50 im Monat. Heute erstellt bei uns eine Mitarbeiterin 1500 Lohnabrechnungen im Monat.
Wenn wir jetzt die nächsten zehn bis 15 Jahre anschauen, wie wird sich der Markt der Steuerberatungen deiner Meinung nach verändern?
Es werden Kanzleien mit zwei bis 15 Mitarbeitern wegfallen. Das sind 50% aller Kanzleien. Die wird es so nicht mehr geben, weil die in ihrer Kostenstruktur die ineffizientesten Losgrößen haben, die es gibt. Die Steuerberater, die allein arbeiten, wird es hingegen immer geben. Die haben geringe Kosten, machen das von zuhause aus. Aber die ganz kleinen Kanzleien werden mit der Zeit der „Uber-isierung“ der Steuerberatung zum Opfer fallen. Plattformen werden für Kleinmandate die Buchführung, die automatische Buchung, den automatisierten Jahresabschluss anbieten.
Dann wird der Einzelkämpfer von diesen Plattformen gesagt bekommen: ‘Du darfst für 500 Euro oder 1000 Euro den Jahresabschluss und die Steuererklärung machen, machst du das oder nicht?’
Man würde als eine Art Freelancer ein Projekt bekommen, arbeitet es ab und reicht das über die Plattform ein.
Der Freelancer übernimmt dann alles. Oder eher: Er macht, was er bekommt. Gerade so, dass er überleben kann. Letztendlich werden diejenigen Kanzleien überleben, die unabhängig von diesen Aufträgen sind. Die verstärkt Beratungsprojekte haben und Unternehmensgrößen bearbeiten, die nicht nur Beratungsbedarf, sondern auch Beratungsbudget haben. Das kennt ihr ja auch, viele haben Social Media-Bedarf, aber die wenigsten haben Social Media-Budget. Die Kunst ist es, genau die mit Budget zu finden. Die anderen müssen sich selbst kümmern oder auf Standardlösungen zurückgreifen. Genauso wird es in der Steuerberatung auch sein.
Wir sind keine Insel der Glückseligen, die sich das aussuchen kann. Aber wir schaffen es über das Thema internationales Steuerrecht, wo wir sehr stark sind, über die Digitalisierung und mit dem Fokus auf Mandantengruppen, die niemals auf Plattformen gehen würden.
Wir sind außerdem in drei Hauptrichtungen spezialisiert: internationales Steuerrecht, Steuerstrukturierung und -gestaltung, und im Bereich Bauträger und IT. Das ist unser Mandantenschwerpunkt, wo wir ganz gut aufgestellt sind. Das sind auch hochkomplexe Strukturen. Immer wenn ein Mitarbeiter kommt und sagt: “Chef, das ist zu schwer”, sage ich: “Sei doch froh, dann kann es kein anderer und wenn es kein anderer kann und wir können‘s, haben wir keine Konkurrenz. Und wenn wir keine Konkurrenz haben, dann haben wir wenigstens gute Preise, die wir durchsetzen können.” Das ist letztendlich das Ziel: Dass wir Honorare bekommen, die auch das Überleben sichern.
Siehst du die Zukunft der Scanlan Steuerberatung auch in der lukrativen Nische, was die Mandantenstruktur anbelangt? Man konzentriert sich sozusagen auf die Sahnestücke der Branche.
Ja, das tun wir schon. Wir haben uns positioniert unterhalb der Big Four- oder Großkanzleien, die haben ein gewisses Klientel abgefrühstückt. Was für die Großen ein C-Mandat bis D-Mandat wäre, ist bei uns ein A- oder B-Mandat. Diese Mandanten sind nämlich groß, die Honorare gewöhnt und bringen die Komplexitäten und Themen, die wir intensiv und mit voller Power bedienen können. Bei den ganz Großen machen das allenfalls die Werkstudenten. Das ist unsere Zielgruppe, wo wir uns gut aufgehoben fühlen.
Und das ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt?
Wir werden mittlerweile in diesen Kreisen empfohlen. Ich habe vor Jahren mal beschlossen, mein Ziel ist die Mandantenpyramide auf den Kopf zu stellen. Normalerweise stellen die kleinen Mandate das breite Fundament, an der Spitze ist ein Großmandant. Wir wollen dagegen, dass das Fundament die Großen bilden und die Spitze die Kleinen sind.
Sind die Kleineren eher Leidenschaftsprojekte oder aus Connections entstanden?
Ein paar sind Multiplikatoren, die braucht man auch. Andere beginnen erst und entwickeln sich mit uns. Mittlerweile sind die damals großen heute klein und umgekehrt.
Es zeigt sich schon an unserem Gespräch: Man muss für die Zukunft gerüstet sein. Deshalb bist du weiterhin auf der Suche nach Mitarbeitern, die sich auf das digitale Abenteuer einlassen. Was braucht deiner Meinung nach ein neuer Mitarbeiter um bei der Scanlan Steuerkanzlei anzukommen?
Lust auf Neues, Lust auf Herausforderung und Lust sich weiter zu entwickeln. Bei uns wird alles gefördert, was nach vorn bringt. Jeder Lehrgang, jede Fortbildung, jede Entwicklung. Die Mitarbeiter, die das wollen, sind hier genau richtig.
Das heißt, ihr fördert auch finanziell eine Weiterentwicklung, zum Beispiel zum Steuerfachwirt.
Ja, das wird von uns übernommen. Das ist gewollt. Jeder, der kommt, braucht sich nicht verstecken, sondern wird auch finanziell unterstützt – unter gewissen Bedingungen.
Es werden Kanzleien mit zwei bis 15 Mitarbeitern wegfallen. Das sind 50% aller Kanzleien. Die wird es so nicht mehr geben, weil die in ihrer Kostenstruktur die ineffizientesten Losgrößen haben, die es gibt.
Es geht nichts über Mitarbeiter, die man sich selber herangezogen hat, weil auch die Loyalität eine ganz andere ist.
Ich habe so einen flapsigen Spruch in der Kanzlei: “Die Guten bleiben.” Unser ganzes Vergütungs- und Fördersystem, das interne Vier-Augen-Prinzip, letztendlich unsere ISO9001-Zertifizierung und unser ProCheck System: Alles ist darauf ausgerichtet, dass wir qualitativ hochwertig arbeiten. Der Tiefflieger fällt bei uns schnell auf und geht meistens freiwillig. Aber der Gute sieht, welche Möglichkeiten in unserem System stecken. In seiner Fortentwicklung – auch in seiner Gehaltsentwicklung – merkt er ganz schnell, wie er sich nach vorn bewegen kann. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen das zu 100% an und performen total. Die guten sind oft die stillen Mitarbeiter, und die, die sich gut verkaufen können, sind meistens nicht so gut… bei uns zählt letztendlich das, was geliefert wird.
Wie es sein sollte. Vielleicht noch eine leichte Frage am Schluss: Welche App benutzt du auf deinem Handy am häufigsten?
Ich glaube WhatsApp. Instagram und Fokus Online.
Eine gute Mischung. Kommunikation, Unterhaltung und Information. Vielen Dank für das Gespräch!
Sie wünschen Steuerberatung digital?
Wir freuen uns auf Ihren Kontakt!